Folge 7 – Karin Heinzl im Interview über Selbstbestimmtheit, Jobs mit Sinn & Frauenförderung
Podcast: Transforming Organisations for Humanity – Folge #7
„Wir leben in einer Welt der Zusammenarbeit.“
Alina hat für unsere 7. Folge Karin Heinzl getroffen. Karin ist Gründerin und Geschäftsführerin der gemeinnützigen Organisation MentorMe. Zuvor studierte sie in Amerika Publizistik und Political Management. Später arbeitete sie mehrere Jahre in der Erwachsenenbildung und in der Politik. Schließlich fand sie durch die Arbeit für eine NGO in Indien im Bereich der Frauenförderung ihre Leidenschaft und machte sich 2015 selbständig. Alina hat mit Karin über die berufliche Förderung junger Frauen, über Arbeit mit Sinn und über Selbstbestimmtheit und die persönliche Freiheit inner- und außerhalb des Berufs gesprochen.
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Shownotes:
Heute treffe ich für TO Karin Heinzl. Karin, du bist Gründerin der gemeinnützigen Organisation MentorMe, einem einjährigen beruflichen Förderprogramm mit den Services Mentoring, Training und Networking für Studienabsolventinnen und Berufseinsteigerinnen.
Vor ca. 1,5 Jahren lernten wir uns kennen als du vor einer Gruppe sehr junger Frauen einen energiegeladenen Vortrag zu deinem Werdegang gehalten hast. Beruflich hast du selbst bereits viel erlebt. Du hast im Bildungsbereich und in der Politik gearbeitet und nach deinem Engagement in deinen diversen sozialen Projekten, deine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Mit MentorMe bringst du nun die Chefetagen von Zalando, Google usw. in Kontakt mit jungen Mentorinnen.
Liebe Karin, schön, dass du heute im Rahmen von Transforming Organisations mit mir sprichst.
Vielen Dank Alina.
Du bist 2015 mit MentorMe gestartet. Was hat dich denn dazu bewogen, Frauen beim Berufseinstieg zu unterstützen?
Bei mir war es so, dass ich bis 2015 in der Politik gearbeitet habe und dann stand ein klarer Wechsel aus der Politik an. Ich wollte etwas machen – aus der Politik kommend – das wirklich ganz klar und ganz direkt beim Menschen ankommt. Und für mich war das auch damals eine der Optionen das im Bereich soziale Arbeit zu tun. Und es kam dann die Chance, die Möglichkeit, nach Indien zu gehen und dort für eine NGO zu arbeiten vor Ort, für vier Monate. Das habe ich dann auch getan und es war eine fantastische Zeit für mich in Indien.
Und im Prinzip war es dann auch so, nach dieser Zeit, als ich dann zurückgekommen bin nach Deutschland, wollte ich auch in diesem Bereich weiterarbeiten. Sprich im sozialen Bereich. Ich komme, wie gesagt aus der Politik und wollte im Prinzip die Branche wechseln, wenn man so will. Ich habe mich dann auch beworben für eine gewisse Zeit.
Ich wollte natürlich auch in eine bessere Stelle reinkommen, weil auch meine Stelle in der Politik zum Schluss eigentlich eine relativ gute war. Ich bin aber dann tatsächlich auch an meine Grenzen gestoßen und habe nicht den Job bekommen, den ich wollte. Also auch einen Job in dem man bereits Teamleiterin ist, in dem man Projektarbeit macht, indem man wirklich, ich sage mal, die Bounderies pusht was möglich ist.
Und irgendwann dachte ich mir dann nach ein paar Monaten: „Warum machst du es nicht einfach selbst?“ Warum stellst du nicht selbst ein Projektprogramm auf die Beine? Warum erarbeitest du dir nicht selbst eine Organisation oder ein Unternehmen oder grundsätzlich ein Projekt? Von einem Bereich, der dir am Herzen liegt, der dir Spaß macht und der ein bisschen deine Talente, die du hast und deine Erfahrungen, die du in den letzten Jahren in den verschiedensten Bereichen, wie gesagt aus dem Bildungsbereich aber auch aus dem politischen Bereich und dann eben auch aus dem sozialen Bereich mitgenommen hast, zusammen.
Ich habe lange überlegt, welcher Bereich das sein sollte. Und für mich war eigentlich dann relativ klar, dass es tatsächlich diese Frauenförderung ist. Vor allem auch die Frauenförderung für junge Frauen. Dieser Entschluss kam deshalb auch, weil ich angefangen habe in Uni-Zeiten noch, ich habe in Amerika Political Management studiert, mich mit Leadership und Leadership-Skills und Women and Leadership auseinanderzusetzen. Später in der Politik habe ich dann ein Mentoringprogramm für Frauen mit organisiert, die in die Politik einsteigen wollten – dass ist ja auch ein sehr schwieriger Bereich.
In Indien habe ich dann auch Workshops und Seminare für die Sozialarbeiter dieser NGO auch im Bereich Women Empowerment und Teambuilding und Fundraising gemacht. Und im Prinzip waren diese Baustellen oder diese Erfahrungen, die ich in der Vergangenheit gemacht habe, das, was mich dazu bewogen hat zu sagen: „Warum nicht Frauenförderung und warum nicht ein Mentoringprogramm? Ich habe schon ein bisschen Erfahrungen und ich probiere es einfach.“ Und das war im Prinzip Ende 2014 Anfang 2015. Und dann im Jahr 2015, als der Entschluss gefällt wurde von mir, ging es dann eigentlich sehr schnell. Und das waren so die Beweggründe, warum ich damals gesagt habe, ich probiere jetzt einfach ein Projektprogramm auf die Beine zu stellen und das soll Frauenförderung, und in meinem konkreten Fall, Förderung von jungen Frauen sein.
Warum haben es denn deiner Meinung nach Frauen immer noch schwer in die Führungsetagen zu gelangen? Wir haben gerade auch über Politik gesprochen?
Ich glaube, es sind mehrere Gründe warum es Frauen in der Tat noch schwer haben in die Führungsetagen zu kommen. Das fängt an bei inneren, eigenen Hürden. Ich persönlich bin kein Mensch und keine Frau, die sich als Opfer sieht und die andere Frauen als Opfer sehen will und sagt: „Nur die Männer sind schuld, nur die Politik ist schuld, nur die Wirtschaft ist schuld. Und wir Frauen werden im Prinzip verhindert ganz nach oben zu kommen.“.
Das glaube ich nicht und das möchte ich auch nicht glauben und will es auch nicht den Mentees von MentorMe weitergeben. D. h., es sind tatsächlich auch viele innere Hürden, die Frauen haben. Oftmals sind es Unsicherheiten. Oftmals ist es aber auch die Scheu, so ganz an der Spitze mitzukämpfen. Und ich sage bewusst, das Wort ‚kämpfen‘, weil die Luft an der Spitze ist dünn und es sind nun mal Bereiche die stark umkämpft sind. Wo auch mal härtere Bandagen aufgezogen werden.
Frauen sind eher diplomatisch und weniger konfrontativ, als Männer. D. h., das sind auch so Gründe warum sich Frauen scheuen, ganz nach oben zu kommen. Dann kommt natürlich auch oftmals die enorme Verantwortung dazu. Und der enorme Druck vielleicht nochmal mehr als die Verantwortung. Weil Frauen wollen Verantwortung übernehmen. Aber der Druck ist schon ein harter.
Und dann natürlich auch Familienplanung. Und das wiederum geht über in einen weiteren Grund, wo ich glaube, dass der tatsächlich sehr entscheidend ist, warum Frauen nicht in die Führungsetage kommen: das ist tatsächlich auch der gesellschaftliche Druck, als Frau in einem gewissen Alter eine Familie zu gründen, Mutter zu werden und dann aber auch sich gefälligst um die Kinder zu kümmern.
Ich glaube, dass viele Frauen auch, zumindest höre ich, dass die Mütter geworden sind auch schief angeschaut werden, wenn sie sagen: „Ich will trotzdem Karriere. Ich bin zwar junge Mutter, ich habe vielleicht erst seit ein paar Monaten ein Kind, aber ich gehe trotzdem zurück in den Job.“ Und das Kind bekommt Betreuung oder die Großeltern kümmern sich, aber „Karriere ist mir auch wichtig, weil das ist auch mein Baby.“
Und ich glaube, dass es da auch sehr viele Vorurteile in der Gesellschaft gibt. Auch leider Gottes oftmals noch von Männern. Die schon auch die Frauen unterstützen wollen, die wollen, dass ihre Frauen Karriere machen, aber wenn es dann darum geht, wer mit dem Kind zu Hause ist, sagen sie: „Nein, bei mir ist das nicht möglich. Das musst du machen.“ Und wenn überhaupt, machen sie im besten Falle zwei Monate.
Und der letzte Grund, glaube ich, ist so ein innerbetrieblicher, struktureller: Viele Organisationen und Unternehmen schaffen nicht die Rahmenbedingungen, die Frauen brauchen, um nach oben zu kommen. Wie zum Beispiel Kinderbetreuung, flexibles Arbeiten und solche Dinge.
Was denkst du, wie würde sich denn Arbeiten verändern und denkst du, dass es vielleicht sogar menschlicher werden würde, wenn es mehr Frauen in Führungspositionen gäbe?
Ich weiß nicht, ob ich glaube, dass es menschlicher werden würde. Das würde ja im Umkehrschluss bedeuten, dass es mit den Männern nicht menschlich ist. Und ich will den Männern keine Unmenschlichkeit unterstellen. Also ich würde das so nicht unbedingt sagen.
Es gibt fantastische Männer. Ich habe mich heute noch mit einer Diversity-Dame eines Unternehmens getroffen, wo ein Mann einer der Vorstandsmitglieder im Diversity-Komitee sitzt und diese Sache wirklich voranbringen will. Aber ich glaube schon, dass Frauen anders zusammenarbeiten. Dass sie weniger Konkurrenz, weniger in Grüppchen spielen und dann automatisch so klassische Koalitionen bilden. Und ich glaube, dass Frauen auch ein bisschen mehr auf Synergien achten. Und ein bisschen mehr auf gute Zusammenarbeit achten, als Männer tendenziell.
D. h., ich glaube schon, dass wenn man die Zusammenarbeit in einem Team, einer Organisation ansieht, es sehr gut ist, wenn Frauen in Führungsrollen sind, weil sie ein bisschen eine softere, wenn man so will, Art und Weise der Zusammenarbeit ins Team bringen. Also grundsätzlich würde ich sagen, dass ein Mix aus Frauen und Männern wahrscheinlich der beste ist. Die Frage ist nur, wie man mit den eigenen männlichen aber auch weiblichen Stärken oder Zügen, die man hat, umgeht und wann man welche einsetzt.
Das ist wahrscheinlich auch die Kunst, die jeder lernen kann, ob Mann oder Frau, zu entscheiden und zu wählen, wann welche Züge die richtigen sind und wann welche angebracht sind.
Es gibt ja auch viele Studien zur Gesundheit im Arbeitsleben und befragt man da die Daten, so zeigen diese, das Arbeit zunehmend krankmacht. Immer mehr Menschen leiden an Burnout und Depression.
Was denkst du, welchen Blick, welche Maßnahmen brauchen wir, um dies zu ändern und inwieweit siehst du auch einen Zusammenhang zu Themen wir individueller Entfaltung, Persönlichkeitsentwicklung und Selbstverwirklichung?
Ich gehe erst mal auf den ersten Teil der Frage ein, bezüglich Burnout und Depression. Ich glaube auch hier, die Gründe können vielfältig sein. Ich meine, Burnout ist meistens ein Resultat von Überarbeitung. D. h., wenn man in einem wirklich stressigen Arbeitsklima arbeitet, wo man überfordert ist, wo man auch nicht die Möglichkeit hat, mal einen Gang zurückzuschalten. Wo man vielleicht auch nicht die Möglichkeit hat des Feedback-Gesprächs, dass man unterstützt wird von Kollegen.
Depression kann auch ein Resultat davon sein. Depression kann aber auch entstehen, wenn man unterfordert ist. D. h., wenn man überhaupt nicht in einem Arbeitsumfeld lebt, wo Engagement, wo Innovation, wo mal Out-Of-The-Box-Thinking gefördert wird. Da kann es genau das andere sein. Ich würde daher nicht unbedingt sagen, dass zu viel Arbeit oder zu wenig auf die Gesundheit achten, für beide, Burnout und Depression die Gründe sein mag. Ich glaube, die können tatsächlich unterschiedlich sein.
Welche Maßnahmen es braucht – ich glaube, die Arbeit die gut und richtig ist, sollte in Balance stattfinden. Zwischen einer gewissen Herausforderung dem Menschen geben, damit sie auch mal, vielleicht sogar mal an Grenzen stoßen können. Es gehört zum Leben dazu. Aber dann sehr wohl auch aufgefangen werden. Oder das sie unterstützt werden. Und im besten Fall, dass sie an der Herausforderung sogar wachsen können.
Und nicht nur in einem Umfeld sind, wo sie im Prinzip nur klein gehalten werden. Weil das sehe ich im Prinzip heute in vielen Betrieben. Leute werden klein gehalten. Als dass man ihnen Flügel wachsen lässt. Das ist die Seite der Unterforderung. Auf der anderen Seite, auch ein enormes Problem heute, diese Überforderung. Wo Leute wirklich nur arbeiten müssen. Wo verlangt wird, dass sie am Wochenende arbeiten, dass sie immer bereit sind. Wo sie einem Druck ausgesetzt sind, den sie wahrscheinlich in ihrem Stadium der Entwicklung noch gar nicht aushalten können.
Und dann kommt es natürlich zum Burnout oder zur Depression. Nochmal zurückgehend auf die Maßnahmen: wie gesagt, gutes Feedback-Gespräch, Offenheit, eine Kultur des Scheiterns. Das wird ja auch immer wieder, vor allem in der Politik, angesprochen. Ich glaube, das ist ganz wichtig. Das verhindert auch ein bisschen solche gesundheitlichen Krankheiten wie zum Beispiel Burnout und Depression. Und die nächste Frage habe ich jetzt gar nicht mehr auf dem Schirm, Alina.
Die hast du direkt schon beantwortet. Siehst du denn die Verantwortung eher bei den Führungskräften, den Teamleitern? Oder siehst du auch die Verantwortung bei jedem Einzelnen? Es hat ja auch viel mit Kultur zu tun…
Das ist eine gute Frage. Ich glaube, in Deutschland ist die Bereitschaft des Einzelnen, wenn man es jetzt so will, etwas zu tun, wenn es ihm schlecht geht, jetzt mal lax ausgedrückt, gar nicht mal so groß. Viele Leute wissen nicht einmal, wenn sie kurz vor dem Burnout stehen oder an einer Depression leiden. D. h., ja natürlich kann man auch da sagen, man sollte sich kennen, man sollte auch von Leuten erwarten können, dass sie sagen: „Stopp! Nicht weiter.“ Ich glaube, die Realität schaut dann aber oft anders aus.
Und das spiegelt sich auch wider in der hohen Krankheitsquote, die auch in Deutschland herrscht. Und die hohe Fluktuation innerhalb von verschiedensten Betrieben. Dass Leute nach ein paar Monaten oder Jahren auch immer wieder wechseln. D. h., ich glaube schon, dass eine gute Führung, ein gutes Management es als Verpflichtung ansehen sollte, auch sich zu einem gewissen Teil der Angestellten anzunehmen.
Und zu schauen, dass die Angestellten gesund bleiben und glücklich bleiben und erfüllt bleiben in ihrem Job. Ich gehe jetzt nicht so weit, dass ich sage, dass sie es ins Private holen müssen. Aber im Job auf jeden Fall. Ich glaube das ist schon ein Teil von Management, was auch viel mit Leadership zu tun hat.
Verantwortung für die Leute zu übernehmen, die für einen arbeiten und die man anleitet. D. h., wenn du mich jetzt fragst, wer tatsächlich jetzt hier mehr Verantwortung hat – Individuum oder das Unternehmensmanagement – dann würde ich sogar dazu tendieren zu sagen, einen Tick mehr das Management. Ich sage immer, jedes Unternehmen ist so gut, wie seine Leute. Da geht es nicht nur um Menschlichkeit und um Good-Working-Klima, sondern es geht eigentlich auch um Wirtschaftlichkeit. Als Unternehmer muss man sich ja auch Gedanken machen, also wenn es ums Geld geht, machen die sich alle Gedanken. Oder wenn es um die Zahlen am Ende des Jahres geht.
Aber man sollte sich tatsächlich auch Gedanken machen, wie es den Mitarbeitern geht und den Kollegen. Weil das ist das Essenziellste was jedes Unternehmen hat. Und auf dem sollten sie bauen. Also tatsächlich würde ich sagen, nochmal mehr Verantwortung hätte tatsächlich das Unternehmen und das Management.
Wenn du jetzt eine Sache einführen könntest, die das Miteinander, die persönliche Entfaltung und die Verwirklichung von Menschen in Unternehmen generell mehr fördert und wenn es jetzt für die Umsetzung mal überhaupt keine Hürden und Grenzen gäbe, was würdest du umsetzen?
Eine gute Frage. Eine schwierige Frage. Ich denke jetzt mal wirklich an alles was man machen könnte – ich habe selbst ein Mentoringprogramm gegründet und wahrscheinlich müsste ich jetzt auch sagen, ich würde überall das Mentoring implementieren.
Ich glaube, Mentoring ist ein Schlüssel zum Erfolg, wie man Mitarbeitermotivation steigern kann. Ich würde aber tatsächlich hier sagen, das Engagement und die Zusammenarbeit der Mitarbeiter untereinander würde ich fördern. D. h., ein paar fortschrittliche Unternehmen machen das bereits, vor allem amerikanische.
Die stellen ihren Mitarbeitern, ihren Kollegen, einen gewissen Prozentsatz der Arbeitswoche zur Verfügung, um in unterschiedlichen Teams, auch mal in Teams die über Hierarchien hinweggehend, an neuen Ideen zu arbeiten. D. h., die sitzen zusammen mit Kollegen, die evtl. aus einem ganz anderen Department kommen, aus einem ganz anderen Bereich, und arbeiten an einer Idee. Die evtl. für das Unternehmen gut ist oder für die Zusammenarbeit im Unternehmen oder vielleicht sogar einen sozialen Aspekt hat.
Das man beispielsweise sagt: „Wir entfernen uns aus unserer Bubble und schauen mal was es für Probleme da draußen gibt und was können wir als Unternehmen machen, als Mitarbeiter.“ Und das finde ich eigentlich eine sehr schöne Idee, weil da fördere ich automatisch das innovative Denken, das kreative Denken in den Leuten. Und du förderst aber auch die Zusammenarbeit. Sprich, wenn du jetzt Teams bildest oder wenn eine der Grundvoraussetzungen, die Teams dürfen nicht im eigenen Department stattfinden, dann förderst du eigentlich auch den Austausch zu anderen Kollegen und zu anderen Service-Lines, zu Departments.
So was glaube ich, würde ich implementieren. Es befähigt nämlich auch die Leute. Ich habe ja auch vorher bei einer anderen Frage gesagt, dass diese Selbstbestimmtheit, das selbst etwas schaffen, dass das oftmals unterdrückt wird in vielen Unternehmen. Und da würde man mit so einer Aktion, mit so einer Maßnahme, entgegengehen und sogar das Gegenteil fördern, sprich die Innovation und das Out-Of-The-Box-Thinking. Das würde ich persönlich glaube ich implementieren.
Karin, wie ist denn deine Vision für das Leben und Arbeiten der Zukunft? Also wie werden wir beispielsweise in 2030 leben und arbeiten?
Ich glaube, wenn ich mir meine Mentees von heute anschaue, meine Mentees, die wir als meine Kunden sage ich jetzt mal, aufnehmen, das sind junge Frauen, die Studentinnen sind oder Absolventinnen oder Young Professionals sind. Und einen Trend habe ich auch gesehen die letzten drei Jahre, seitdem ich MentorMe leite.
Das ist, dass die jungen Frauen, aber nicht nur Mentees, sondern auch viele Mentoren, nicht mehr den Vollzeitjob, sprich 40 Stunden machen wollen. Wo sie lauter finanzielle, materielle Benefits bekommen wie zum Beispiel ein Firmenauto oder Firmenhandy und das große Geld am Ende des Monats. Sondern lieber ein bisschen weniger arbeiten. D. h., lieber 30 Stunden in der Woche und dafür was Soziales die restlichen 10 Stunden machen.
Etwas, wofür sie sich engagieren können. Etwas, und das ist jetzt ein O-Ton, der sehr oft kommt, „mit Sinn“. Und diesen Wunsch sehe ich bei ganz ganz vielen Leuten. D. h. ich glaube, wenn wir uns jetzt wirklich 2030 ansehen als Jahreszahl, das Unternehmen und Organisationen, die wirklich da Erfolg haben wollen und – das sind ja jetzt noch mehr als 13 Jahre hin – wirklich dem entgegenkommen müssen, um gute, tolle, engagierte, kluge Leute zu bekommen.
Also die müssen wirklich etwas bieten was abseits des Business auch ihnen persönlich etwas bringt. Und ihnen persönliche Wertschätzung gibt und Sinnstiftung gibt. Das glaube ich persönlich, ist die Arbeit der Zukunft für alle jene, die gebildet sind. Auf der anderen Seite, und ich glaube, das ist es auch ein ganz wichtiger Aspekt mit der Digitalisierung. Und vor allem werden ja niedrigere Jobs digitalisiert.
Die wird es überhaupt nicht mehr geben. Viele Jobs wird es in Zukunft nicht mehr geben. D. h., eigentlich sollte hier wiederum die Politik aber auch die Wirtschaft sich schon Gedanken machen, was machen wir mit diesen Menschen? Wie fangen wir sie auf? Weil ansonsten haben wir in Zukunft 20 Prozent aller heutigen Arbeitnehmer, die nicht mehr arbeiten können. Weil sie wahrscheinlich die kognitiven Fähigkeiten nicht haben oder die Ausbildung nicht, aber was macht man denen? Die können dann nichts arbeiten?
Und wenn wir das nicht schaffen, die auch mit einzubinden in die Arbeit der Zukunft, glaube ich, stehen wir vor einem Problem. D. h. es wird in Zukunft die Gewinner geben, die Kreativen, die Empathischen, vor allem die flexibel sind, die selbstbestimmt arbeiten wollen und leben wollen. Und die auch Ihre Jobs wechseln wollen. Die sehr viel Kreativität in Unternehmen bringen, aber es wird eine Herausforderung werden für diejenigen, die eine geringere Bildung haben aus verschiedensten Gründen. Und die müssen aber genauso aufgefangen werden.
Und glaubst du, dass wir uns dann von dem klassischen Erwerbsmodell auch verabschieden müssen? Da gibt es ja auch schon einige Ansätze in diesem Bereich.
Sagen wir so. Ich glaube nicht an drastische Änderungen. Alles verändert sich ständig, ich glaube jetzt nicht an irgendwie so an ganz krasse Maßnahmen und es wird überhaupt kein Angestelltenverhältnis mehr geben. Das glaube ich nicht. Aber ich glaube, es gibt mehr Selbstbestimmtheit und es gibt mehr flexibles Arbeiten. Und ich glaube, es gibt tatsächlich mehr Projektmanagement. D. h., dass Leute weniger auf monatlich angestellt arbeiten und da ein Angestelltenverhältnis haben, sondern eher projektbezogen.
Dass sie wirklich für verschiedenste Projekte, für Unternehmen nur arbeiten und dann wieder gehen. Dass man sich wirklich Experten holt für die Dinge, die in einem Unternehmen anstehen und dann lässt man den auch wieder gehen. Das glaube ich schon, dass das stark kommen wird in der Zukunft.
Karin, was sind deine drei wichtigsten Hashtags?
Ich würde eigentlich sagen, ich habe ganz viel in dem Interview über Selbstbestimmtheit gesprochen und das ist mir persönlich auch ein sehr wichtiger Wert. Deshalb würde ich jetzt aber nicht Selbstbestimmtheit als Hashtag nehmen, sondern #Freiheit.
Die menschliche Freiheit zu entscheiden, was will ich und was will ich nicht und dann den eigenen Weg gehen. #Freiheit ist für mich ein wichtiges Hashtag.
Der nächste Hashtag ist #clever. Weil ich merke als Unternehmerin, man muss heutzutage auch in der Wirtschaft sehr clever sein, sich anpassen können und schauen, wo Trends sind aber daher auch gleichzeitig immer die eigenen Werte verfolgen. Also sie nicht im Hier und Jetzt verlassen. Und dabei wirklich schauen, wo gibt es Synergien, wo gibt es Chancen und was ist aber etwas, wo ich umsonst meine Ressourcen investiere. #clever ist das zweite.
Und das dritte ist definitiv #Leidenschaft. Da habe ich gesehen Alina, Leidenschaft bringt einen sehr sehr weit. Und ich habe Leidenschaft für die Dinge, die ich mache. Und ich habe auch gesehen die letzten Jahre: Leidenschaft kann in anderen auch ein Feuer entzünden. Das ist wirklich so. Und Menschen die Leidenschaft haben, da bin ich wirklich davon überzeugt, werden ein gewisses Level, beziehungsweise einen persönlichen Erfolg erzielen. Weil sie andere Leute begeistern können. Und wir leben in einer Welt der Zusammenarbeit. Also die drei Dinge sind Freiheit, clever und Leidenschaft.
Wunderschön. Vielen Dank für die interessanten Einblicke.
Dank dir.
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